Wolfgang hat schlecht geschlafen. Das Baby hat geweint, seine Frau hat ihn mehrmals aufgeweckt und er muss heute extra früh aufstehen, da er einen wichtigen Termin hat. In der Küche ist es kalt und dunkel und der Kaffee ist alle. Die
Katze hat die Zimmerpflanze umgeworfen und überall liegt Erde, dazwischen Kinderspielzeug und schmutzige Socken. Wolfgang bekommt Kopfschmerzen. Auf dem Weg zum Auto beginnt es auch noch zu regnen und der Benzinstand ist niedrig. Wolfgang startet das Auto und macht sich auf den
Weg zur Tankstelle. Es ist viel Verkehr auf der Straße.
„Fahr doch!” schreit Wolfgang ein langsames Auto vor sich an. An den Zapfsäulen steht eine Schlange, Wolfgang muss warten. Als er dann fertig getankt hat, holt er sich endlich seinen Kaffee. Der junge Tankstellenangestellte zieht Wolfgangs Ec-Karte durch den Automat, er hat kein Bargeld bei sich. „Die geht nicht”, sagt er „haben sie noch eine andere?” Wolfgang schaut auf die Uhr, er ist schon viel zu spät. Der junge Mann versucht es erneut und zieht die Karte wieder durch den Automat. „Die ist kaputt.” Hinter ihnen bildet sich eine Schlange. „Warten sie mal”, sagt der Angestellte „ich bediene erst mal die anderen.” Da platzt Wolfgang der Kragen: er schmeißt seinen Kaffee auf den Boden, haut mit der Faust auf die Theke und beginnt auf den jungen Mann einzuschreien. Wolfgang hat einen schlechten Tag. Die kleinen Frustrationen des Alltags häufen sich, bis es ihm zu viel wird und er wird aggressiv.
Warum wird jemand aggressiv?
Aggression kann aus Frustration entstehen, aber auch angelernt sein. Manche Menschen übernehmen Aggressionen aus ihrem sozialen Umfeld, zum Beispiel von ihren Eltern oder Freunden. Dennoch ist aggressives Verhalten eine Art der Kommunikation. Wer sich aggressiv verhält, übt damit Macht aus, indem er dem anderen Angst einjagt. Aggressive Menschen haben oft in ihren Leben die Erfahrung gemacht, dass sie sich anderen durch dieses Verhalten überlegenfühlen und letztendlich ihren Willen bekommen.
Aggressives Verhalten vs. Durchsetzungsvermögen
Durchsetzungsvermögen wird oft mit aggressivem Verhalten auf eine Stufe gestellt. Allerdings handelt es sich dabei um zwei komplett verschiedene Kommunikationsstrategien. Menschen mit Durchsetzungsvermögen halten bestimmte Grenzen ein und behandeln ihre Gegenüber mit Respekt.
Bei aggressivem Verhalten kommt es dagegen zu einer Bedrohung des Gegenübers. Sinnvolle Kommunikation findet nicht mehr statt, da die Gesprächspartner nicht mehr auf einer Ebene sind.
Was sind die Folgen von aggressivem Verhalten?
Aggressives Verhalten verursacht meistens mehr Aggressionen. Wenn der Ladendieb den Geschäftsführer lauthals der Diskriminierung beschuldigt, und der Geschäftsführer sofort zurück beleidigt, gießt er damit Öl ins Feuer. Dann kann so eine Situation schnell aus dem Ruder laufen.
Es kann aber auch passieren, dass sich der Geschäftsführer in die Ecke getrieben fühlt, sich der Situation entziehen will und beginnt sich zu entschuldigen. In einem anderen Szenario kann er sich aber auch so sehr erschrecken, dass er keinen Finger mehr rühren kann und ihm der kalte Schweiß ausbricht. Wenn die Situation dann vorbei ist, bricht er wahrscheinlich in Tränen aus.
Alle diese Reaktionen haben Auswirkungen auf den Körper. Der Herzschlag wird schneller, die Atmung flacher, der Körper spannt sich an und der Blutdruck wird höher. Diese Reaktionen verschwinden zwar wieder, sobald die Situation vorbei ist, aber dennoch bleiben sie einem in den Knochen stecken. So sinkt zum Beispiel das Selbstvertrauen oder das Gefühl sicher zu sein bekommt einen Knacks. Manche Menschen fühlen sich nach so einem Vorfall ständig auf der Hut und können sich schlechter entspannen. Im Büro kann aggressives Verhalten so zu gehäuften Krankheitsausfällen führen.
Welche Formen von aggressivem Verhalten gibt es?
Petra kommt mit ihren Einkauftaschen vom Supermarkt. An der Bushaltestelle sieht sie Jugendliche, die mit Stiften das Wartehäuschen beschmieren. „Was macht ihr denn da?” fragt sie. „Lasst das!” Einer der Jugendliche zieht ein Klappmesser aus der Tasche und rammt es in das Holz. „Was willst du?” fragt er und schaut Petra herausfordernd an. Petra zieht den Kopf ein und läuft schnell weiter. Diese Art der Aggressivität heißt instrumentelle Aggression. Der Jugendliche benutzt sein Messer als ein Instrument um Petra Angst zu machen und zum weitergehen zu bewegen.
Bei Wolfgang in unserer Geschichte vom Anfang handelt es sich dagegen um Frustrations-Aggression. Das sind viele kleine Frustrationen, die letztendlich aggressives Verhalten zur Folge haben. Wer sich dann gerade zufällig im Dunstkreis der Person befindet, bekommt meistens die heftigen Auswirkungen zu spüren. Es gibt aber auch Menschen, die aggressives Verhalten bewusst einsetzten um ihren Willen zu bekommen.
Wie gehe ich mit aggressivem Verhalten um?
Um mit aggressivem Verhalten korrekt umzugehen ist es wichtig, dass man zwischen den verschiedenen Formen von Aggression unterscheidet und dementsprechend reagiert. Dabei darf man nicht vergessen, dass es sich immer noch um eine Kommunikationssituation handelt, die man beeinflussen kann. Der Kunde, der einen am Arbeitsplatz am Telefon anschreit, will seinen Kopf durchsetzen. Er setzt aggressives Verhalten bewusst oder unbewusst ein, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Deshalb ist es wichtig sich klarzumachen, was für Folgen die eigene Reaktion auf den Gegenüber haben wird. Hier finden sich ein paar praktische Tipps und Tricks um eine Situation zu de-eskalieren.
Eigene Sicherheit geht vor!
Aggressive Menschen kann man stoppen indem man ihnen Grenzen zeigt. So kann man seinem Gegenüber zum Beispiel ruhig sagen, dass man sich auf diese Art und Weise (das Gesagte wortwörtlich wiederholen) nicht angesprochen werden will. Auch kann man erklären wie das Problem auf ruhige Art und Weise geklärt werden könnte und welche Konsequenzen das aggressive Verhalten haben wird.
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Aggressives Verhalten nie mit Aggressivität beantworten!
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Eigene Sicherheit geht vor
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Unangenehme Situationen nicht vermeiden
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Den Gegenüber ernst nehmen
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Mit der eigenen Körpersprache aufpassen
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Dem anderen klar machen, dass sein Verhalten Folgen haben wird
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Persönliche Ebene vermeiden und professionell bleiben
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Nicht nachgeben! Sonst lernt der andere, dass er für sein Verhalten belohnt wird
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Nicht unterbrechen, sondern warten bis der Gegenüber wieder rational ansprechbar ist
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Auch eigene Fehler einräumen
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Verständnis zeigen
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Zusammen über eine mögliche Lösung sprechen